31. Januar 2015

Wenn der Bau ruht…

Von Lutz Paproth – Immobilienrecht

Welche Rechte haben Käufer, wenn ihre Immobilie nicht fristgerecht fertiggestellt wird und sich der Einzugstermin verzögert? Fachanwalt Lutz Paproth gibt wertvolle Tipps.

Der Kaufvertrag ist seit Langem unterschrieben, die alte Wohnung schon gekündigt, das neue Sofa bestellt. Doch für den Umzug in die erworbene Immobilie sollte man einen Puffer einplanen. Denn nicht immer erfolgt die Fertigstellung fristgemäß, weil sich der Baufort-schritt aus verschiedensten Gründen verzögern kann. Das mussten zuletzt nicht nur Großstädte wie Berlin mit dem Flughafen BER oder Hamburg mit der Elbphilharmonie erleben, sondern auch Käufer namhafter Luxusimmobilien wie The Seven in München oder Yoo in Berlin. Wie man sich dafür wappnet und im Ernstfall richtig reagiert, erklärt Lutz Paproth.

squaremeter: Wie kann ich mich als Immobilienkäufer gegen Bauverzögerung absichern?

Lutz Paproth: Optimal für den Kunden ist ein im Kaufvertrag vereinbarter verbindlicher Fertigstellungstermin, der an eine Vertragsstrafe zulasten des Bauträgers gebunden ist. Allerdings ist es nicht einfach, eine solche Regelung zu verhandeln. Aufgrund des knappen Angebotes an interessanten Objekten in den Ballungszentren und der Vielzahl der Interessenten ist meist schnelles Handeln geboten. Die Bauträger können also den Vertragsinhalt diktieren. Ich empfehle aber unbedingt, einen Zeit rahmen für Übergabe und Fertigstellung des Objektes zu vereinbaren.

Angenommen, ich kaufe ein Objekt, das im März 2016 fertiggestellt sein soll. Wie kann ich kontrollieren, ob der Bau fristgerecht fortschreitet?

Aus Gründen der Baustellensicherheit dürfen Sie grundsätzlich vor Obergabe des Objektes die Bau-stelle ohne vorherige Absprache mit dem Verkäufer nicht betreten. Viele Bauträger bieten aber eine baubegleitende Sachverständigenüberwachung vom TÜV oder Dekra an. Diese Dienstleister kommen regelmäßig und schauen, ob die Arbeiten fachgerecht ausgeführt werden. Dies ist besonders bei Bauteilen wichtig, die man später nicht mehr überprüfen kann. Die Fälligkeit der einzelnen Kaufpreisraten ist nach der Makler- und Bauträgerverordnung jeweils an einen definierten Bautenstand gekoppelt, der durch einen vom Bauträger bestätigten Bautenstandsbericht nachgewiesen werden muss. Sollte der Bauträger versuchen, durch manipulierte Berichte vorzeitig Zahlungen zu erhalten, ist das sofort strafrechtlich relevant.

Es gibt Dinge, die den Baufortschritt verzögern können wie strenge Winter. Was ist dann ein Verschulden des Bauträgers?

Ein Bauträger muss und wird damit rechnen, dass Schnee liegen kann und Frost herrscht. Insofern kann er sich nicht auf den Winter als höhere Gewalt herausreden. In der Regel können die Bauarbeiten aber auch in dieser Jahreszeit fast durchgehend fortgeführt werden. Anders ist das bei Katastrophen wie den Überschwemmungen 2013. In diesem Fall ist die Verzögerung nicht vom Bauträger verschuldet, sodass man keinen Schadenersatz bekommt.

Was ist im Fall verschuldeter Verzögerungen zu tun?

Dann sollte man – am besten mit Rechtsanwalt – sofort aktiv werden und den Bauträger auffordern, seinen Vertrag innerhalb gewisser Fristen zu erfüllen. Bei einem professionellen Verkäufer könnte man eine Vereinbarung treffen, dass dieser ab einem bestimmten Zeitpunkt pauschal einen festgelegten Betrag erstattet, um den mit der Verzögerung verbundenen Schaden zu kompensieren. Damit ließe sich auch eine kosten- und zeitaufwendige gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden.

In einem Mehrfamilienhaus wäre ich nicht der einzige Betroffene. Sollte ich mich mit den anderen Eigentümern solidarisieren?

Nach Erwerb der Wohnung und Eintrag im Grundbuch sind Sie als Käufer einer Eigentumswohnung auch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese kümmert sich meist um die Mängel, die das sogenannte Gemeinschaftseigentum betreffen, also Gebäudehülle, technische Ausrüstung etc. Die mit der verspäteten Fertigstellung des Objekts verbundenen Probleme macht üblicherweise jeweils der einzelne Erwerber geltend.

Bei kleineren Objekten ist häufiger von Fristverzögerungen zu hören.

Wenn Sie nicht von einem seriösen Anbieter kaufen, kann je nach Verkäufer die Terminlage bei der Objekterstellung katastrophal sein. Wichtig bei der Auswahl ist es, sich nicht von Hochglanzprospekten blenden, sondern sich Referenzobjekte zeigen zu lassen und zu prüfen, mit wem man es hier zu tun hat.

Interview: Antoinette Schmelter de Escobar
Quelle: squaremeter 01|15

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