5. August 2019

Vereinbarungen über Sonderwünsche müssen notariell beurkundet werden!

Von Lutz Paproth – Gerichtsurteile Immobilienrecht

1) Nach Abschluss des Bauträgervertrags vereinbarte Sonderwünsche des Erwerbers müssen notariell beurkundet werden. Andernfalls ist die Vereinbarung nichtig.
2) Sonderwünsche sind Abweichungen vom angebotenen Leistungspaket des Bauträgers. Diese Zusatzleistungen können in Form höherwertiger Materialien oder aber auch in Form zusätzlicher Baumaßnahmen bestehen. Gleichgültig ist, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Änderungen handelt.
3) Die Nichtigkeit nachträglicher Sonderwunschvereinbarungen führt nicht zur Unwirksamkeit des ursprünglichen Bauträgervertrags.

OLG München, Urteil vom 14.08.2018 - 9 U 3345/17 Bau; BGH, Beschluss vom 20.02.2019 - VII ZR 184/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Sachverhalt

Der Bauträger veräußert eine neu zu errichtende Doppelhaushälfte zum Preis von 1,16 Mio. Euro an den Erwerber. Im Vertrag ist geregelt, dass Sonderwünsche ausschließlich mit Zustimmung des Bauträgers zulässig und die dadurch verursachten Mehr- oder Minderkosten vom Käufer zu tragen bzw. diesem zu erstatten sind. Nach Vertragsabschluss einigen sich die Parteien auf die Ausführung weiterer Sonderwünsche und deren Kosten sowie über die Folgen der verspäteten Fertigstellung in einem Zwischenvergleich. Der Erwerber erhält Besitz an der Doppelhaushälfte, nimmt sie ab und zahlt die bis zu diesem Zeitpunkt unstreitigen Kaufpreisraten. Er fordert vom Bauträger die Auflassung und Grundbucheintragung. Dieser hält den Bauträgervertrag u. a. wegen nicht beurkundeter nachträglicher Sonderwünsche für insgesamt nichtig und verlangt die Rückabwicklung des Bauträgervertrags.

Entscheidung

Das OLG gibt dem Erwerber Recht. Zwar führen nachträgliche Zusatzleistungen zu Änderungen und Ergänzungen der Leistung des ursprünglichen Bauträgervertrags und sind deshalb jedenfalls dann grundsätzlich formbedürftig, wenn - wie hier - nicht gem. § 311 Abs. 1 Satz 2 BGB die Auflassung bereits erklärt wurde und die Eintragung erfolgte. Das OLG bejaht aus den im zweiten Leitsatz wiedergegebenen Erwägungen, dass es sich vorliegend um Sonderwünsche handelt, deren Vereinbarung beurkundet werden musste. Die Formunwirksamkeit der nachträglichen Sonderwunsch-Vereinbarung führt aber nicht dazu, dass der (ursprünglich wirksame) Bauträgervertrag gem. § 139 BGB (nachträglich) nichtig wird, wie das OLG mit dem dritten Leitsatz feststellt. Denn für die Ermittlung des hypothetischen Willens der Parteien und der Wirksamkeit des ursprünglichen Bauträgervertrags ist auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt ist aber ein hypothetischer Wille dahingehend, dass der Vertrag nur im Zusammenhang mit der späteren Vertragsänderung gelten soll, denklogisch ausgeschlossen, da die Parteien den Vertrag andernfalls gar nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten. Im Gegenteil: Die Parteien haben durch die Regelung, dass Sonderwünsche mit Zustimmung des Bauträgers zulässig sind und wie mit deren Kosten zu verfahren ist, zum Ausdruck gebracht, dass auch bei nachträglichen Sonderwünschen der ursprüngliche Bauträgervertrag Bestand haben soll.

Praxishinweis

Der Entscheidung des OLG ist zuzustimmen. Nachträgliche Sonderwünsche sind aber nach der Rechtsprechung des BGH dann nicht beurkundungspflichtig, wenn - anders als im Fall des OLG München - die Auflassung bindend geworden ist, weil sie im Vertrag bereits erklärt, die Eigentumsumschreibung bewilligt und beantragt ist, die Anträge aber erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung zum Vollzug vorgelegt werden sollen.

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