19. März 2018

Bundesgerichtshof ändert seine Rechtsprechung zur Abrechnung fiktiver Mangelbeseitigungskosten!

Von Lutz Paproth – Gerichtsurteile Bauvertragsrecht

Der Bundesgerichtshof macht mit seinem Urteil vom 22.02.2018, VII ZR 46/17 Schluss mit fiktiven Mängelbeseitigungskosten. Konnte der Auftraggeber in der Vergangenheit aufgrund der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 28.06.2007, VII ZR 8/06) noch ohne Durchführung der Mangelbeseitigungsarbeiten die fiktiven Kosten der Mangelbeseitigung geltend machen, ist diese Möglichkeit nun beendet.

Begründet wird dies durch den Bundesgerichtshof damit, dass mit dem Mangel das Vermögen des Bestellers noch nicht in Höhe der Mangelbeseitigungskosten gemindert sei, dieser Vermögensschaden trete erst mit der tatsächlich durchgeführten Mangelbeseitigung ein. Die bisherige fiktive Schadensberechnung habe häufig zu einer Überkompensation geführt und damit zu einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers.

Ohne Durchführung der Mangelbeseitigung kann nunmehr der eingetretene Schaden lediglich im Wege einer Vermögensbilanz oder einer Schätzung beziffert werden. Bei der Erstellung der Vermögensbilanz wird der Schaden anhand der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel, die sich auch aus einem Mindererlös im Verkaufsfall ableiten lasse, ermittelt. Die Bemessung kann auch im Wege der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erfolgen, wobei die Vergütungsanteile herangezogen werden können, die auf die mangelhafte Leistung entfallen; maßgeblich ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

Praxishinweis: Wie in einer Gebrauchsanweisung dekliniert der BGH in dieser weit über den Einzelfall hinausgehenden Grundsatzentscheidung die Ansprüche des Bestellers, der einen Mangel nicht beseitigen lässt, durch. Es sind daher alle laufenden Auseinandersetzungen, insbesondere laufende gerichtliche Verfahren, danach zu überprüfen, ob fiktive Mangelbeseitigungskosten geltend gemacht werden. Diese Verfahren sind zur Vermeidung von Rechtsverlusten umzustellen.

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