22. Februar 2018

Räum- und Streupflicht des Vermieters (BGH)

Gerichtsurteile Mietrecht

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21.02.2018 entschieden (Az.: VIII ZR 255/16), dass ein Grundstückseigentümer und Vermieter keine Räum- und Streupflicht für einen öffentlichen Gehweg vor seinem Grundstück hat, wenn die Gemeinde (hier die Landeshauptstadt München) die Räum- und Streupflicht auf diesen nicht durch Satzung übertragen hat.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Beklagte ist Eigentümerin eines Wohnhauses in der Innenstadt von München, in dem eine Wohnung an die Lebensgefährtin des Klägers vermietet war. Zwischen den Parteien war unstrittig, dass die Räum- und Streupflicht (der sog. „Winterdienst“) für den Gehweg vor dem Grundstück grundsätzlich bei der Stadt München lag. Im Januar 2010 stürzte der Kläger gegen 9 Uhr beim Verlassen des Wohnhauses auf einem schmalen von der Landeshauptstadt München nicht geräumten Streifen des öffentlichen Gehwegs im Bereich des Grundstückseingangs. Hierbei zog er sich Frakturverletzungen am rechten Knöchel zu. Die Landeshauptstadt München hatte den Gehweg mehrfach geräumt und gestreut, wenn auch nicht auf der ganzen Breite und auch nicht bis zur Schwelle des Anwesens der Beklagten. Die Beklagte wiederum hatte keine Schneeräumarbeiten auf dem Gehweg vorgenommen, weil sie ihrer Meinung nach dazu nicht verpflichtet war.
Zu Recht! Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Vermieter und Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde nicht (als Anlieger) die allgemeine Räum- und Streupflicht übertragen hat, regelmäßig nicht verpflichtet ist, auch über die Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen.

Zwar ist ein Vermieter aus dem Mietvertrag (in dessen Schutzbereich vorliegend auch der Kläger als Lebensgefährte der Mieterin einbezogen war) verpflichtet, dem Mieter während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zum Mietobjekt zu gewähren (§ 535 Abs. 1 BGB). Dazu gehört es grundsätzlich auch, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, zu räumen und zu streuen. Die gleiche Pflicht trifft den Eigentümer eines Grundstücks im Übrigen auch im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) etwa gegenüber Mietern, Besuchern und Lieferanten.

Vorliegend ist der Kläger allerdings nicht auf dem Grundstück, sondern auf dem öffentlichen Gehweg gestürzt. Die dem Vermieter seinen Mietern gegenüber obliegende (vertragliche) Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich jedoch regelmäßig auf den Bereich des Grundstücks. Entsprechendes gilt für die allgemeine (deliktische) Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers, sofern die Räum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde nicht auf die Eigentümer (Anlieger) übertragen ist. Im Streitfall lag die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen indes bei der Streithelferin und nicht bei der insoweit vom Winterdienst befreiten Beklagten.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 36/18 vom 21.2.2018

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