13. Februar 2018

Durchsetzung Mangelansprüche vor Abnahme nur mit schriftlicher Kündigungserklärung des Auftraggebers (BGH)

Gerichtsurteile Bauvertragsrecht

Mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.11.2017 (Az.: VII ZR 65/14) sind Mangelansprüche vor Abnahme für den Auftraggeber künftig noch schwieriger durchzusetzen. Selbst im Falle der Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers ist nach VOB/B dem Auftragnehmer zuvor zu kündigen. Allein die Vorschussforderung für die Kosten der Selbstvornahme der Mangelbeseitigung durch den Auftraggeber reicht nach Auffassung des BGH nicht aus.

Im Sachverhalt ist keine Abnahme erklärt worden. An dem Bauwerk lagen wesentliche Mängel vor. Der Auftraggeber konnte daher einen Vorschussanspruch auf § 4 Nr. 7 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B stützen. Die Regelungen setzen aber u. a. voraus, dass der Auftraggeber den Vertrag zuvor schriftlich gekündigt hat. Dies war nicht erfolgt. Ausnahmsweise kann eine solche Kündigungserklärung des Auftraggebers nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) entbehrlich sein. Nach der bisherigen Rechtsprechung reichte es aus, dass der Auftragnehmer ernsthaft und endgültig die Erfüllung verweigerte, da er etwa die wesentlichen Mängel bestritt und sich in keiner Nacherfüllungspflicht sah. Dies wurde mit dem Zweck des Kündigungserfordernisses begründet. Die Kündigung solle nämlich unklare Verhältnisse über die weitere Bauabwicklung verhindern, wenn ein Dritter Mängelbeseitigungsarbeiten ausführt. Das Risiko solcher unklaren Verhältnisse sah der BGH bisher nicht, wenn der Auftragnehmer sein Recht auf Vertragserfüllung verloren hatte, weil er selber von keiner weiteren Erfüllungspflicht ausging. Von dieser Rechtsprechung weicht der Senat nun ab. Eine Kündigung nach VOB/B ist künftig nicht mehr allein wegen einer Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers entbehrlich.

Der BGH führt zur Rechtslage im Urteil vom 14. November 2017 – VII ZR 65/14 aus:

„Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) setzt gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 und Nr. 5 VOB/B (2006) grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des Auftraggebers voraus. Allerdings hat der Bundesgerichtshof bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers eine Kündigungserklärung des Auftraggebers nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB für entbehrlich gehalten. Er hat die Entbehrlichkeit der Kündigungserklärung damit begründet, dass der Auftragnehmer durch seine endgültige Weigerung das Recht zur Vertragserfüllung verloren habe, so dass es zu unklaren Verhältnissen über die weitere Bauabwicklung nicht mehr kommen könne (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - VII ZR 76/11, BGHZ 192, 190 Rn. 9; Versäumnisurteile vom 9. Oktober 2008 - VII ZR 80/07, BauR 2009, 99 Rn. 16 = NZBau 2009, 173 und vom 5. Juli 2001 - VII ZR 201/99, BauR 2001, 1577, juris Rn. 6 = NZBau 2001, 623; Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479, 1481, juris Rn. 21 = NZBau 2000, 421). An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht uneingeschränkt fest. Allein der Verlust des Rechts des Auftragnehmers, den Vertrag zu erfüllen, beschränkt nicht das Recht des Auftraggebers, auf Erfüllung zu bestehen und gegebenenfalls Erfüllungsklage zu erheben. Es ist daher für einen Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) neben der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers auch ein Verhalten des Auftraggebers erforderlich, das dem mit der Regelung verfolgten Zweck, klare Verhältnisse zu schaffen, gerecht wird. Das ist der Fall, wenn der Auftraggeber, der Vorschuss verlangt, zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag mit dem Auftragnehmer beenden will.“

Quelle: IBR-Online

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